Jahresbericht 2009


1. Ehrenamtliche Aktivitäten
Ohne die ehrenamtlichen Aktivitäten der Mitarbeiter wäre das Projekt nicht realisierbar gewesen und daher soll ihr Engagement an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden.

Im Zeitraum von Dezember 2008 bis einschließlich November 2009 waren die Mitarbeiter des Projekts an insgesamt 90 Tagen vor Ort aktiv. An weiteren fünf Tagen im genannten Zeitraum konnte das Projekt aufgrund von Krankheit oder personellen Engpässen nicht stattfinden.
Ein wesentlicher Aspekt in der Entwicklung der ehrenamtlichen Aktivitäten seit Beginn des Projekts ist, dass zunächst eine personelle Abdeckung von 2 Personen ausreichend schien. Mit zunehmender Bekanntheit und Nutzung des Projekts durch die Zielgruppe haben wir die Personaldecke ab März 2009 auf drei bis vier Personen vor Ort aufgestockt. Diese Maßnahme war vor allem aufgrund des großen Zulaufs und hinsichtlich der erweiterten Konzeptionalisierung in Drogennotfallsituationen notwendig.
Die Erfahrung in den letzten Monaten zeigt uns, dass eine Personalabdeckung von 3 bis 4 Personen vor Ort optimal ist. Die Zuständigkeiten in Bezug auf die unterschiedlichen Arbeitsbereiche (Spritzentausch, Getränkevergabe, eventuelle Notfallsituationen) werden von den Mitarbeitern im Vorhinein individuell besprochen und können vor Ort getauscht werden, um zum einen Stress zu mindern und zum anderen eine Abwechslung zu schaffen.


2. Getränkevergabe
In der Zeit von Dezember 2008 bis November 2009 wurden insgesamt 1.015 Liter Kaffee, 387 Liter Tee, Brühe oder löslicher Kaffee und 148 Liter Eistee ausgegeben.
Eistee gab es in den wärmeren Monaten von April bis Oktober, da von der Zielgruppe auch kalte Getränke gewünscht wurden und die diesbezüglichen Kosten in unser Budget passten. Die Gemüsebrühe war von Dezember 08 bis einschließlich März diesen Jahres im Angebot und wird ab Dezember diesen Jahres wieder fester Bestandteil des Angebots entsprechend der Jahreszeit sein.
Signifikant ist der Anstieg des Kaffees vor Ort von anfangs 68 Liter auf mittlerweile 96 Liter monatlich. Dies konnten wir in erster Linie aufgrund neu angeschaffter Kannen ermöglichen und können so den Bedarf überwiegend decken ohne den finanziellen Rahmen zu überschreiten. In Bezug auf den Tee konnten unterschiedliche Sorten angeboten werden, wobei Schwarzer Tee und Früchtetee am beliebtesten sind bei der Zielgruppe.
An einem Wochenende werden zusätzlich 4-6 Liter Milch sowie 2-4 Kilogramm Zucker benötigt.


3. Fortbildungen
Es wurden im vergangenen Jahr insgesamt acht Fortbildungen für die Mitarbeiter durchgeführt:

10.03.09 Safer- Use (Eva Gesigora)
21.03.09 Notfalltraining (Gil Vogt)
29.04.09 Notfalltraining (Gil Vogt)
28.05.09 Beatmungstraining (Eva Gesigora)
24.06.09 Reanimationstraining (Henning Bruckhaus)
27.07.09 Rechtliche Grundlagen & Hintergründe (Bernd Heidemann)
22.10.09 Beatmungstraining, Hygienegrundlagen, Hepatitis & HIV, PEP (Eva Gesigora)
24.11.09 Safer Use, PEP (Eva Gesigora)

Im Dezember 2009 ist ein weiteres Reanimationstraining durch Henning Bruckhaus geplant. Fortbildungen zu den Themen Deeskalation, Stoffkunde und Safer-Work werden das Angebot zukünftig erweitern.


4. Notfallsituationen / Medizinische Versorgung
In der Zeit von Dezember 2008 bis November 2009 kam es zu insgesamt 13 Drogennotfallsituationen. Dabei unterscheiden wir zwischen leichten, mittelschweren und schweren Notfällen. In 7 leichten Notfallsituationen konnten wir aufgrund der Ausstattung unserer Drogennotfalltasche und den Fortbildungen erste Hilfemaßnahmen einleiten und die betroffenen Personen versorgen. In 2 Fällen handelte es sich um schwere Drogennotfälle bei denen Atemwegsmanagement erforderlich war. In weiteren vier mittelschweren Notfallsituationen wurde ebenfalls der Rettungsdienst hinzugezogen.
Im Bereich der medizinischen Versorgung gab es insgesamt 10 Personen, die wir entsprechend der Ausbildung der Mitarbeiter vor Ort versorgen konnten oder zum medizinischen Dienst des HdW vermittelt haben.


5. Spritzentausch
Im genannten Zeitraum wurden im Bereich des Spritzentauschs insgesamt 15.677 einzelne Teile getauscht. Dazu gehören mit einem Anteil von 6.966 Teilen einzelne Spritzen. 272 davon sind die seit Juni 2009 angebotenen Tuberkulinspritzen.
Die getauschten Nadeln nehmen einen Anteil von 2.103 ein. Die grünen Safer-Use-Filter, die wir im Januar 2009 in das Angebot aufgenommen haben, belaufen sich auf eine Anzahl von 359 Stück.

Im Bereich des Spritzenkaufs handelt es sich um 895 Spritzen (davon 124 Tuberkulinspritzen) sowie 1.139 Nadeln und 389 grüne Safer-Use-Filter.

Weiterhin wurden Ascorbinsäure (585), Pfännchen (245), Löffel (63), Wasser (657), Kamillecreme (45) sowie Kondome (17) verkauft.

Der Erlös der verkauften Drogengebrauchsutensilien wurde an INDRO e.V. gezahlt.

Des Weiteren verfolgen wir sporadisch die Spritzenentsorgung am Bremer Platz, wie es unter der Woche von INDRO e.V. gewährleistet wird. Dabei wurden im genannten Zeitraum 160 Spritzen sowie 170 Nadeln aus dem öffentlichen Raum entsorgt.


6. Safer Use Beratung
Die Safer-Use-Beratung stellt einen wichtigen Aspekt des Projekts dar. Die Fortbildungen vermitteln den Mitarbeitern entsprechende Kenntnisse. Die geführten Beratungen dokumentieren wir seit März 2009. Insgesamt wurden 153 Safer-Use- Gespräche bezüglich risikoärmerer Konsumweisen geführt. Speziell die Beratung in Bezug auf die Verwendung schonenderer Kanülengrößen und grünen Safer-Use-Filtern ist uns dabei ein Anliegen.
Im Juni diesen Jahres haben wir aus gesundheitlichen Gründen die Insulinspritzen aus dem Spritzentauschangebot genommen und entsprechend der Safer-Use-Botschaften stattdessen die Tuberkulinspritzen eingeführt. Die Safer-Use-Beratung hatte vor allem in Hinblick auf diese Änderung einen hohen Stellenwert während der Arbeit vor Ort.


7. Entwicklungen in der Konzeption
Im Rahmen von Sozialstunden aber auch auf ehrenamtlicher Basis haben wir uns dazu entschieden, Menschen aus der Zielgruppe für die Arbeit zu motivieren und in den Bereich der Getränkeausgabe des Projekts einzubinden. Für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, insbesondere für die Einbindung szeneangehöriger Menschen, haben wir einen Leitfaden entwickelt, um auftretenden Problematiken, wie z.B. Rollenkonflikten vorzubeugen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Dazu haben wir in erster Linie das Konzept der „Patenschaft“ integriert: Neue Mitarbeiter bekommen einen älteren, erfahrenen Projektmitarbeiter als Paten zur Seite gestellt, der sie in der ersten Zeit begleitet und einarbeitet, sowie regelmäßige Reflexionsgespräche mit ihnen führt.
Wir konnten bisher zwei szeneangehörige Kollegen aus der Zielgruppe in die Arbeit des Projekts einbinden, wobei es bestimmte Voraussetzungen und Regeln während der Mitarbeit gibt:
Zuverlässigkeit
Eine gewisse Stabilität in ihrem derzeitigen Konsumverhalten
Die Bereitschaft, an den Fortbildungen teilzunehmen
Pünktlichkeit
Wie bei allen anderen Mitarbeitern auch, ist eine Hepatitis A und B Schutzimpfung erforderlich.
kein Dealen
kein Stehlen
keine Hehlerei
keine Gewalt.
Da bei aktuell drogengebrauchenden Menschen eine Zeit von zwei bis drei Stunden manchmal nur schwer zu überbrücken ist, gibt es die Möglichkeit sich bei einem der Projektmitarbeiter vor Ort bei Entzugserscheinungen abzumelden und das Projekt frühzeitig oder vorrübergehend zu verlassen.

Des Weiteren haben wir speziell in Bezug auf Arbeitsunfälle Vorgehensmaßnahmen entwickelt, nach denen sich alle Mitarbeiter richten. Bei einer Nadelstichverletzung oder Augenkontamination z.B. treten die PEP-Richtlinien in Kraft und das Projekt wird umgehend beendet. Ein Mitarbeiter spült die Stichwunde der betroffenen Person und begleitet sie umgehend in die Uniklinik Münster. Der dritte Mitarbeiter wird mit dem Wagen zurück zum HdW gehen und führt die Nachbereitung gemeinsam mit der Rufbereitschaft durch

8. Finanzierung
Die bisherige Finanzierung durch die Aktion Mensch ist leider im November diesen Jahres ausgelaufen.
Weiterhin haben wir Unterstützung durch die Sparkasse Münsterland Ost in Höhe von 250 Euro im Dezember 2008 erhalten sowie den kostenlosen Stellplatz für unseren Hänger durch die Radstation Hundt KG in Münster. Diverse (Sach-) Spenden durch Privatpersonen haben uns ebenfalls die Umsetzung des Projekts ermöglicht.
Für den Bau eines neuen Wagens, der den Bedürfnissen des Projekts entspricht, erhalten wir vom Lions Club Münster Johann Conrad Schlaun eine Finanzierung dieses Wagens bis zu einem Preis von 1.000 Euro.

Bezugnehmend auf die zukünftige Finanzierung des Projekts dürfen wir uns über eine erneute Unterstützung durch die Sparkasse Münsterland Ost in Höhe von 480 Euro für die Kosten von drei Monaten freuen. Des Weiteren hat uns die Stiftungsverwaltung der Stadt Münster signalisiert, dass sie sich eine Förderung des Projekts über die Siverdes Stiftung eventuell vorstellen kann.


9. Kooperationspartner
Die Kooperationen mit INDRO e.V. und dem Haus der Wohnungslosenhilfe (HdW) stellen die Grundlage für unser Projekt dar:
Die Kooperation mit INDRO e.V. ermöglicht uns sowohl die Durchführung des Spritzentauschangebots als auch das Intervenieren bei Drogennotfällen. Zudem wird uns im Keller eine Lagermöglichkeit zur Verfügung gestellt. Ebenfalls einen hohen Stellenwert hat für uns die Möglichkeit der Nutzung der Räumlichkeiten von INDRO e.V., da uns dadurch die Weiterbildung unserer Mitarbeiter sowie auch Teamsitzungen möglich sind.
Einen ebenso wichtigen Kooperationspartner stellt für uns das HdW dar. Uns wird nicht nur eine Lagerfläche für unsere Materialien zur Verfügung gestellt sondern auch der Küchenbereich zur Vorbereitung der Getränke. Das HdW ist mit der bisherigen Kooperationsarbeit sehr zufrieden und legt weiterhin großen Wert auf die Unterstützung des Projekts.

An dieser Stelle möchten wir uns für die großzügige Unterstützung herzlich bedanken!